Wieviel Raum braucht der Mensch? Unterwasserlaboratorien und Raumkonzepte im Umweltdiskurs der 1960er Jahre
Als am 21. Januar 1954 die amerikanische Navy ihr erstes mit Atomkraft angetriebenes U-Boot, die USS Nautilus, in Betrieb genommen hatte, schien der Zeitpunkt einer Eroberung der Meere nahe: dieses amerikanische U-Boot verfügte über eine nahezu unbegrenzte Tauchzeit. Der Name dieses legendären ersten Atom-U-Bootes erinnerte an das von Jules Verne beschriebene Tauchboot Nautilus. Und – ähnlich wie von Jules Verne 1869 in seinem Roman 20.000 Meilen unter den Meeren imaginiert – hatte dieses Atom-U-Boot im Jahr 1957 wirklich die „20.000 Meilen unter den Meeren“ zurückgelegt. Nun waren längere Unterwasser-Aufenthalte der U-Boot-Besatzungen ohne „Landkontakt“ möglich. Der Vorteil der nahezu unbegrenzten Verweildauer unter Wasser veränderte die Strategie der Seegefechte im Kalten Krieg. Erprobungen von Daueraufenthalten in einem abgeschlossenen Raum wurden militärisch relevant.
Psychologische Testreihen wurden in den seit den 1960er Jahren entwickelten Unterwasserlaboratorien durchgeführt, auch mit dem Ziel Kriterien für die Auswahl von Mannschaften für künftige Raumflüge herauszufinden. Diese Testreihen waren eng mit der militärischen Entwicklung im Kalten Krieg verbunden. Die Unterwasserlaboratorien – dies war ihr Spezifikum – boten gerade für tauchende Forscher neue Möglichkeiten, da der Druck in den Laboratorien dem Außendruck im Wasser entsprach, und die Taucher – ohne Dekompression – länger im Wasser arbeiten konnten. Eine Anpassung an den „normalen“ Luftdruck der Erdoberfläche wurde nur noch am Ende der Unterwassermission nötig. Das Unterwasserlaboratorium ermöglichte es, eine abgeschlossene Welt in einer dem Menschen feindlichen Umwelt zu erproben.
Wieviel Raum braucht der Mensch? Einer der Forschungen im Unterwasserhabitat untersuchte genau dieses „Raumverhalten“ des Menschen. Diese Forschungen sollten auch für anstehende Raumfahrten genutzt werden. Es ging dabei um die Frage wie sich der Raum zum Leben verhält und zwar in ganz praktischer Hinsicht. Wurden doch im Unterwasserlaboratorium Forschungen über den „Sauerstoffverbrauch“ bei bestimmten Positionen im Raum (liegen, stehen, sitzen) und Arbeitstätigkeiten unternommen. Da der Sauerstoff in einem Unterwasserlaboratorium (wie auch in einem Raumlabor) künstlich bereit gehalten werden muss, spielt das Verhältnis von menschlicher Tätigkeit, Raum und (Atemraum) schon eine Rolle. Insofern handelt es sich um das Austesten und Austarieren einer künstlichen Welt, die in einer Zeit entstanden als über eine vermeintlich bald erreichten Kapazitätsgrenze der Erde (Limits to Growth) diskutiert wurde.